Der Eiskugel-Krieg von Barth – die wahre Wahrheit

Wasserstandsmeldungen aus einer niemals untergehenden Stadt

 

Alles was Du kannst, das kann ich viel besser, kann ich viel besser, viel besser als Du.

 

Nein, kannst Du nicht.

 

Kann ich doch.

 

Kannst Du nicht.

 

Doch ich kann. Doch ich kann. Doch ich kaaaaaaaan.*1

 

 

Schade, dass ich schon in Barth wohne. Wenn ich nochmal nach Barth ziehen würde, dann würde ich eine Eisdiele aufmachen – oder einen Döner. Aber Eisdiele ist besser. Direkt am Hafen. Die da wo die da unten die Geschäfte sind und ich oben wohnen kann. Ich würde überall in der Stadt  von meinem neuen innovativen Laden verkünden: „Es ist der mit den grünen Sonnenschirmen!“ Meine Werbeschilder hat die Verwaltung genehmigt!

 

Meldung aus dem Rathaus: Bürgermeister „Friedrich der Große“ hat per Depesche verkünden lassen: „Das überlegen wir uns nochmal mit der Genehmigung.“

 

 Alle Eishungrigen würden schnurstracks und auf kürzestem Wege zu mir unter die grünen Sonnenschirme streben und mein Eis schlecken. Was interessieren da schon blaue und rote Sonnenschirme?! Alle, alle kommen zu mir, zu mir, nur zu mir!  

 

Ich wohne aber schon in Barth. Und zwei Eiscafés nebeneinander am Hafen reichen. Barth hat einen Eiskugel-Krieg. Zum Feierabend, wenn alle Gäste gegangen sind und jeder Terrassenstuhl reingestellt ist, tauchen, der Sage nach, zwei Krieger auf jeder Seite des Eiscafés Atlantis (der Laden, der sich wacker dagegen wehrt, in der Vinetastadt Eiscafé Vineta zu heißen) und des Eis-Himmels auf Erden auf, stellen sich gegenüber und bewerfen sich mit blauen und roten Eiskugeln.

 

Die 453 Eigner der Barther Döner-Läden schauen verständnislos auf das Treiben der deutschen Eis-Heiligen am Hafen. „Mit komplett?“, fragen sie nur.  

 

Mit dem Barther Eiskugel-Krieg katapultiert sich Barth aber mitten ins internationale Geschehen. In Ribnitz-Damgarten hat vor vielen Jahren ein Laden, der sich nur mit Bilder-Rahmen beschäftigt, ein neues Fotografie-Angebot eröffnet: direkt gegenüber eines bestehenden Fotoladens! Der neue Optiker aus Ribnitz hat in Barth wenigstens acht Häuser zwischen sich und dem bisherigen Platzhirschen Raum gelassen (Zwinkersmiley).  In Stralsund gab es jahrelang einen Fischbrötchen-Krieg! Mit einschließlich versenkten Fischkuttern und – Gott bewahre uns vor dem was noch …

 

Neulich war ich am Barther Hafen und habe Eis gegessen. Erst unter roten Schirmen, dann unter blauen. Hat geschmeckt. Ich habe mich gut mit Bekannten  aus Ribnitz, Stralsund, Rostock, Marlow und mit Urlaubern aus Zingst und Prerow unterhalten. Sie alle schleckten Eis am Barther Hafen. Einen Ausflug nach Barth würden sie machen. Komisch, dachte ich nur. Als ich eine Gruppe Japaner sah, die eifrig die beiden Eiscafés fotografierten, in Prospekten und Tageszeitungen blätterten und immer wieder bestätigend nickten und schließlich als 18-Gruppe zum Gemeinschafts-Eisbecheressen niederließen (neun links und neun rechts), da fiel es mir wie eine Eiswaffel auf die Hose. Der Eiskugel-Krieg ist ein Fake! Er ist erfunden, um Aufmerksamkeit zu generieren! Bad news are good news! Boah! „Diese Kampagne hätte von mir sein können“, nickt anerkennend die Marketing-Generalin der Stadt Barth Nicole Paszehr. Die Stadtführerin Zita Agota Pataki gibt zu Protokoll: „Schade, dass wir jetzt schon aufgeflogen sind. Es ist alles mit mir abgesprochen. Eine Döner-Stadtführung steht kurz vor der Realisierung. Die zweite kulinarische Führung, die ‚Eiskugel-Krieg-Führung’, war angedacht. Zum Abschluss dieser Führung sollte es original DDR-Eis geben.“ Gemunkelt wird, dass sich den Marketing-Gag zwei Barther Stadtvertreter ausgedacht haben. Die mutmaßlichen Hobby-Kampagnen-Reiter gehen sich in der Öffentlichkeit lieber aus dem Weg, um sich nach dem abendlichen Eiskugelwerfen (Gib mir die Kugel!), halb totlachend in den Armen zu liegen. Es wird dann erzählt, dass sie gemeinsam ihre Hymne „Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste was es gibt auf der Welt*2 intonieren.

 

Gut, dass es mich als investigativen Journalisten gibt. Aber ich werde wohl aus der Branche aussteigen und doch einen Eisladen aufmachen. Am Markt. Gleich neben Janny’s Eis wird es „Frankys Eis“ geben. Morgens, mittags und abends zu Schließung spiele ich dann meine Eis-Hymne „Bette Daves Eyes“. In der Version von Silly. https://www.youtube.com/watch?v=1PkKkGXcROQ

 

 

 

Frank Burger

 

 

 

*1  aus dem Musical „Annie Get Your Gun“

 

*2 Comedian Harmonists

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Mario Galepp (Mittwoch, 07 August 2019 10:08)

    Sehr amüsant geschrieben. Danke liebe Frank für diese Eiszeit-Reise.

  • #2

    Angebot Kühl (Mittwoch, 07 August 2019 20:03)

    Wie waren es mit einem Ranking
    Wer hat originelle Gerichte neu dazu? Leider haben alle Restaurants kleine Karten mit immer fast gleichen Gerichten! Schade für die länger bleiben!

  • #3

    Ina de Waal (Samstag, 23 November 2019 07:31)

    Immerhin kann ich mir jeden Abend den Döner von einem anderen Dönerladen meines Vertrauens kaufen. Das muss in einer Kleinstadt auch erstmal realisiert werden.