Wenn Sven den Eispickel rausholt ...

Wasserstandsmeldungen aus einer niemals untergehenden Stadt

 

 

Liebster,

 

ich schreibe Dir voller Sehnsucht. Ich sitze hier, in meinem stillen Kämmerlein und kann nicht weg. Nicht zu Dir. Obwohl es mich hinzieht. Quälend werde ich festgehalten an meinem Stuhl. Muss noch dieses und jenes ... Und immer wieder die Frage: Schon wieder Du? Gebe ich mich Dir nicht zu sehr hin? Und wenn ich nicht bei Dir bin, vergnügst Du Dich dann mit anderen? Schaust Du mit ihnen in den Sonnenuntergang? Zusammen mit so viel anderen glücklichen Menschen? Bin ich Dir nicht gut genug?

 

Wir kennen uns schon so lange. Am Anfang warst Du mir egal. Du sahst auch nicht besonders aus. Eher ein wenig schmuddelig. Erst als viele andere sich für Dich interessierten und die Dich ein wenig aufhübschten, denn so lodderig konnte es mit Dir nicht weiter gehen, warf ich auch mal ein interessierten Blick auf Dich. Ja, auf dem zweiten Blick warst Du schön und Du hast mir sogar mit einem leisen Lächeln zugezwinkert.

 

Liebster Barther Hafen: Da habe ich mich in Dich verliebt! Viele Stunden habe ich nun mit Dir verbracht. Sogar eine Nacht, die mit Verwirrung in den Morgen mündete.

 

Wie oft bin ich von West nach Ost spaziert, um Dich zu bewundern. Ja, Du hast alles, was man braucht, um Dich zu lieben.

 

Wenn ich bei „Moppi“ sitze, dann fühle ich mich wie bei Muttern, die für mich sorgt, für mich kocht und mich vielleicht einmal zu viel fragt, ob es mir auch gut gehen würde.

 

Wenn ich mal meine Beine nicht unter Mutters Tisch setzen wollte, dann eben im „Boddenkieker“ und im „Sur la mer“. Nein, ich habe nicht heimlich die Zunge rausgestreckt. Ich bin lieb.

 

Lieber Barther Hafen, jetzt brauche ich auch kein schlechtes Gewissen mehr haben, wenn ich ein Eis unter einem roten Sonnenschirm statt unter einem blauen genieße (oder war das umgekehrt?). Den Eiskugelkrieg hat „Curry“ gewonnen.

 

Dann einfach weiter spazieren. Oh, sorry, flanieren! Ein weißes Segel strebt auf Dich zu. Hoffentlich schei ... keine Möwen von oben.  Ein Zeesboot am Kai, ein „Dampfer“ spuckt Urlaubern aus sich heraus. Barth-Showing. Ich: Einmal um die Ballastkiste rum. Auf dieser Bank habe ich manchmal gesessen und vor mich hingestarrt, wenn es mir mal nicht so gut ging.

Manche haben einen Bart. Dich zieren skurrile Skulpturen. Sagenhaft. Maritim. Dunkel. Auch eine Art von Charakter.

 

Der Hafenmeister flitzt an mir vorbei. Immer in Unruhe. Immer bereit – mal sekundenlang ausruhend im Strandkorb. Zwischen zwei  flachen Atemzügen.

 

Weißt Du noch, lieber Barther Hafen, wie wir feste Feste zusammen gefeiert haben? Ich bin nicht so der Schmidtchen Schleicher der Barther Partyszene, eher still neben den Bude stehend, gleich neben der Mülltonne.  Cordula Grüüüüüüüüün finde ich aber auch gut. Oder bei Sounds im Sonnenuntergang ein Bier(chen) an der Kaitreppe sitzend schlürfen. Diese freie Fläche da, der Hafenplatz, könnte so viel erzählen. Schweig lieber. Barther Augen leuchten, Münder lächeln und genießen schweigend.

 

Darauf ein Fischbrötchen! Frisch zubereitet! Frisch!!! Gegen Hunger und sofort!

 

Auf der „Granitz“  beginnt die Saison nach sieben Monaten Viruspause mit kollektivem Üben. Vier Leute*innen blicken gespannt auf den Zapfhahn. Druck, da muss Druck rauf! Mexikaner gehen immer. Mexikaner bleiben Mexikaner, nicht Mexikaner*innen. Cocktails – wie war das nochmal? Sven holt den Eispickel raus. Wenn Sven den Eispickel rausholt ist Sommer. Ich bekomme das erste Dunkle (Melli hat gesagt, ich soll das „Dunkelbier“ nennen). Das nächste Mal gibt es ein Schwarzes. Dafür liebe ich Dich, Barther Hafen. 

 

Langsam schlürfend an Barths Design-Wunder vorbei. Speicher 1 und 2 für die Geldbeuteler. Dahinter baggert sich das Rolex-Barth in die Stadt-Geschichte. Erwacht Vineta? Lieber Barther Hafen, liebe ich Dich auch mit Silikon-Brüsten? 

 

Ich liebe die kleine Cocktailbar mit afrikanischer Schlagseite. Jetzt wirklich Cocktails schlürfen. Von fernen Ländern träumen. Den Sonnenuntergang über „Moppi“ bewundern und Opa Wilfried kommt tuckernd vom Angeln in Heimathafen zurück. Nichts gefangen.

 

Dann lieber aufgesprungen, um die Ecke gefegt und frischen Fisch vom frischen Fischer kaufen. Bald ist auch die „Dei Lütt Fischhall“ fertig. Dann lohnt es sich erst recht ganz laut gegen den Wind: Fischbrööööötchen!!!!! zu rufen.

 

Jetzt muss ich mir eine kleine Träne abwischen.   

 

Aber jetzt bin ich fertig! Ich kann aufspringen und zu Dir eilen, Liebster!

 

Auf einen GebratenenHeringmitBratKartollfelnaufeinEiseinFischbrötchenaufeinenMexikanereinfrischgezapftesschwarzesStörtebekereinenCoktailundeinenfrischenFisch.

 

 

Na gut, ne Currywurst mit Pommes rot-weiß geht auch. Machst mal Hansa an, Svena?

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