„Fischbrööööötchen!“

 

Wasserstandsmeldungen aus einer niemals untergehenden Stadt

 

„Fischbrötchen, frische Fischbrööööööötchen!“ Ein Ruf hallt durch Deutschland. Der Ruf einer Fischverkäuferin in einem leeren Hafen – gegen den Wind. Fischbröööööötchen! Niemand da.

 

Hunderte, ja wohl Tausende Konsumenten des viralen Videos „Die Vinetastadt Barth schläft nicht“, kurz „Barth ADHS“, rührte der Hilferuf der kleinen Stadt am Bodden im hohen Nordosten der Republik. Kurz „Suchdienst maps“ gecheckt: an der Ostsee! RKI gecheckt (Oh, kaum Corona-Ansteckungen, wohl ein Land voller gesund lebender Mitbürger). Mobiltelefon Termin eingegeben: Im Sommer nach Barth. Fischbrötchen essen. Gesund werden/bleiben. Nie hat eine so kurze Videosequenz für so viel touristische Aufmerksamkeit gesorgt, wie der Fischbrötchen-Schrei von Barth.

 

Hinter dieser genialen Marketingstrategie steckt Marita Hendrich. Die 61-jährige Wirtschaftskauffrau aus Neuendorf-Heide (Naherholungsgebiet des Erholungsortes Barth) sagt selbst über sich: „Wer mich sieht, verbindet mich mit Fisch.“

 

Seit über 20 Jahren verkauft die zurückhaltende und bescheidene Frau Fisch. Zunächst bei der Mutter ihres jetzigen Arbeitgebers Herr Grählert Frau Grählert. Seit 2015 gibt sie die frischen Fische des Fischers (der heißt nicht Fritz ) über den Tresen.  Bereits am frühen Morgen (6.30 Uhr)  schließt sie die kleine Fischhalle am Barther Hafen hinter dem Design Hotel Speicher Barth auf, sortiert den Fisch ein und vertieft sich ganz in ihre Arbeit mit Rollmöpsen, Matjes und Salat. Bis sie der erste Kunde erschreckt (7.30 Uhr), obwohl der Laden erst um 8.30 Uhr öffnet. Zum Dank dafür bekommt er dann den frischesten Fisch der frischen Fische vom Fischer (nicht Fritz). Heringe wollen die Kunden und Zander! Kriegen sie auch. Vielleicht einen Aaal oder Dorsch? Geräuchert geht auch. Und natürlich Fischbrötchen. Die Verkäuferin des Fischers André (!) Grählert muss in normalen Zeiten keine Werbung für ihre Fischbrötchen machen (ihre Kollegin auch nicht). Wer fragt, bekommt die frischen Fischbrötchen. Doch in Corona-Zeiten müssen wir alle zusammenhalten (stay together) und da habe sie sich für ihren Einsatz in dem  Aufsehen erregenden Clip bereit klärt.

 

„Ich habe die ganze Nacht vorher nicht geschlafen. Aber ich habe ja zugesagt. Dann gibt es kein Zurück mehr von mir!“, erklärt sie ihre Entschlossenheit.

 

„Es war schon eigenartig. Ich schrie in den Wind in Richtung Hafen, aber niemand war da.“ Eine gewagte Aussage, denn, wie sie in einem Exklusiv-Interview verriet, hatte sie die Augen zu, als sie von hinten gefilmt wurde und Fischbröööööötchen schrie.

 

Als dann das „Hallo“ beim Erscheinen des Clips groß war, die Crew von Fischer Grählert (André) und ihre Familie nicht mit Lob sparten, war Marita Hendrich sichtlich erleichtert. Erleichtert war wohl auch ihr Chef, als seine bescheidene Mitarbeiterin fast in einem Nebensatz erklärte: „Ich gehe nicht nach Hollywood!“ Was soll sie auch in Hollywood, hat sie doch als Fischbrötchen-Frau von Barth ihre Hauptrolle gefunden!

 

Mit drei Worten hat sie das ausgedrückt, was eine ganze Stadt in dieser schweren Zeit empfunden hat: „Ihr Völker der Welt, schaut auf diese Stadt. Liebt uns!“

 

Es war ein Schrei nach Liebe.

 

10 Facts über das Making of des Videoclips „Die Vinetastadt Barth schläft nicht“, die Du so nicht erwartet hättest. (Nummer 9 erschüttert mich wirklich)

 

1. Die freundliche Mitarbeiterin des Eiscafés Atlantis schläft nicht, sie tut nur so.

 

2.  Die „Sportlehrer“-Szene musste aus produktionstechnischen Gründen morgens früh um 4 Uhr auf dem Barther Sportplatz gedreht werden. Das erklärt auch das erbarmungswürdige Bibbern des Darstellers. Es war a....kalt.

 

3. Martin Schneider gibt sich nicht selbst Regieanweisungen. Es ist sein Double, das er engagiert hat, nachdem er Chef Landesbühne Anklam wurde.  #ichfahredochnicht andauerndzwischenanklambarthundschwerinhinundher. Das erklärt einiges.

 

4. Die Dame mit dem Schild malte gar nicht während der Dreharbeiten. Das war alles mittels neuester „Sandwichbreadprintcopy“-Technologie in der Nacht vorher hergestellt worden.  

 

5. Natürlich war in den Szenen mit den Eisdielen überall Eis in den Schalen und Bechern. Wie hätten die Darsteller es sonst so glaubwürdig rüberbringen können? Die Produktionsfirma hat das köstliche Eis mittels pakistanischer Bearbeitungsspezialisten herausphotoshopen lassen. Die Aktion war natürlich umweltfreundlich zertifiziert.

 

6. Die Stadtführerin erklärt wirklich Barth.

 

7.  Die Leiterin des Stadtmarketings Barth, Nicole Paszehr, ging ganz zufällig durch die Gassen von Barth, als sie zwei Leute mit einer Kamera für Urlauber hielt und sie ansprach. Geistesgegenwärtig hat die Kamerafrau draufgehalten.

 

8. Die nette Frau von der Eismanufaktur wurde an den Beinen von einem Eis–Crewmitglied festgehalten, damit sie nicht wegweht.

 

9. Mario Galepp, der Chef des Heimatvereins Barth, wiederholte immer wieder und immer wieder „Unser Barther Kinderfest ist Kulturerbe“. Die Filmcrew ging dann irgendwann einfach. Und wenn er nicht gestorben ist ...

 

10. Lutz Krebs, Chef des Restaurants & Pension Eshramo, bot der Filmcrew 435 verschiedene Gesichtsausdrücke für die Schlussszene an.

 

 

Wer das Video nochmal und nochmal und nochmal sehen will, schaut hier ins Video hinein:

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