Barther Urlauber infiziert!

 

Wasserstandsmeldungen aus einer niemals untergehenden Stadt.

 

Heute aus der Rubrik: Vom Tellerrand gefallen (Ich begebe ich mich in Situationen, in die ich mich freiwillig, also privat, nie begeben würde. Ich möchte aber meinen Horizont erweitern und auch mal über den Tellerrand schauen.)

 

 

 

„Im Großen und Ganzen haben wir es immer nur

 

mit diesem Augenblick, diesem Tag, zu tun.

 

Und diesen Tag zu überstehen, das gelingt mir spielerisch.“

 

Berühmter Philosoph

 

 

 

Der hat gut reden. Der muss ja auch keine Umfragen in Barth machen. Ich bekomme immer Magenkrämpfe, wenn ich Umfragen machen muss. Wenn die OZ mich beauftragt hat, fünf Männer im Baumarkt zu fragen, was sie sich kaufen wollen, habe ich mich immer krank gemeldet. Dieses Mal ist es jedoch anders: Ich erteile mir den Marschbefehl selbst. Ganz im Sinne von „Ein gutes Foto muss wehtun“, muss auch ein guter Blog schmerzen. Thema der Umfrage ist das marketingawardverdächtige Plakat der Stadt Barth: „Unsere Gäste ‚infizieren’ sich jedes Jahr“. Ich wollte es genauer wissen und stiefelte los (Magenkrämpfe).

 

An einem Montag vor der Barth-Information erwische ich Karin und Michael Dannich aus Mainz. Ich stelle mich vor und frage höflich ob ich Fragen fragen darf. Ja. Dann los.

 

„Sind Sie infiziert?“

 

Beide schauen erschrocken.

 

Karin: „Nein, also nicht dass wir wüssten.“

 

Ich kläre das Missverständnis auf und zeige ein Foto des Plakates. Beide lachen erleichtert.

 

Karin: „Ja, das war doch das mit Bartholomäus, oder so.“

 

Ich zeige das Foto noch einmal.

 

Karin: „Ach #barthlohntsich. Das konnten wir aus dem Auto nicht so schnell erkennen.“

 

Die Situation entspannt sich. Michael guckt nicht mehr so gefährlich.

 

Ja, beide machen in Graal-Müritz Urlaub und bereisen von dort die Ostseeküste. Heute sei eben Barth dran und sie würden hier in der Info Informationen einholen. Schön klein und beschaulich ist Barth. Allerdings würden sie die Parkplatzsituation nicht ganz durchschauen. Überall andere Regeln. Jetzt stehen sie auf einem Schotterplatz in der Baustraße. Die Dannichs  interessieren sich für den Hafen, die Kirche, die KZ-Gedenkstätte und für das Vineta-Museum.

 

Michael: „Wir haben zwar noch nicht so viel gesehen, aber die Durchfahrt durch das Dammtor und der Blick auf die Marien-Kirche waren schon beeindruckend. Barth scheint sich zu lohnen.“

 

„Und, sind Sie nun von Barth infiziert?“

 

Michael: „Kann man sagen, ja.“

 

Ich bedanke mich und darf auch noch ein Foto knipsen. Was für ein glücklicher Mensch bin ich doch.

 

 

Am Mittwoch treffe ich am Randes der „Beats am Hafen“ auf Simone Reichl und Andreas Friedl aus der Nähe von Bayreuth. Sie verbringen ihre Urlaubstage in Born. Von den „Beats am Hafen“ haben sie aus der Zeitung erfahren und sind mit dem Auto nach Barth gekommen. Als sie meine „infizierte“ Frage hören, lachen sie und verneinen. Ach ja, das Plakat. Das haben sie gesehen. Die Bayern lieben Barth und ganz besonders das Galerie Café. Sie mögen es etwas ruhiger und sind demzufolge öfter mal in der Boddenstadt. Sehr schön ordentlich sei es in Barth und der Hafen gefalle ihnen auch. Die Hexenführung, wenn auch etwas lang, buchen sie auch als Erlebnis ab.

 

„Und?“

 

„?“

 

„Infiziert?“

 

„Mit Corona nicht. Von Barth: ja!“

 

Wir drei lachen entspannt. Wieder mal geschafft. Ich verzeihe ihnen die Foto-Verweigerung.

 

 

Wieder Montag. Sybille Haschke-Isbach und Wolfgang Michaelis aus Köln stehen vor dem Ansichtskartenständer der Buchhandlung in der Langen Straße. Das müssen Urlauber sein, schlussfolgere ich blitzgescheit.

 

„Das ist ja sehr gefährlich!“, schleudert mir Sybille entgegen. Was wie?

 

„Ich habe das Plakat mit dem Spruch gesehen. Gefährliches Terrain!“, bekräftigt sie. Sie lacht dabei. Also doch nicht so gefährlich. Nein, nix Corona. Aber von Barth infiziert schon. Die beiden sind am Westhafen untergebracht und erforschen radelnd die Region.

 

Sybille: „Barth ist ein hübsches Städtchen in einem sehr guten Zustand.“

 

Wolfgang: „Die Kombination Stadt/Meer gefällt mir besonders. Von hier aus kann man wunderbare Touren in die Region unternehmen.“

 

So langsam muss ich eingreifen und unbequeme investigative Fragen stellen:

 

„Und was gefällt Ihnen nicht?“

 

„Uns gefällt alles!“

 

Ich gebe mich geschlagen unter all den Infizierten!

 

Aber so schlimm war das gar nicht mit der Umfrage. Ich tanze fröhlich auf dem Tellerrand. Zumal mir die gute Annika Wenning von der OZ sekundierte. In ihrem „Guten Tag, liebe Leser“ vom 21. Juli schrieb sie von Dortmunder Urlaubern, die Barth wie folgt beschrieben:

 

*Stadt der Rosen
*wunderschöne Altstadt

*toller Hafen
 *sehr sauber

 

Ja so ist das. Aber ein wenig Wasser muss ich noch in den Wein kippen: Barth ist ein Stadt voller infizierter Urlauber! So ... jetzt Ihr ...

 

PS: Ich muss den Tag nicht überstehen. Er macht mit Spaß. Das gelingt mir spielerisch.

 

PSS: Es ist ein Gerücht, dass Nicole Paszehr ein Jobangebot von der Hamburger Werbeagentur Jung von Matt aus Hamburg bekommen hat.

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Sandra (Mittwoch, 05 August 2020 07:40)

    Ich denke, ich bin wohl völlig humorlos.
    Ein Plakat auf Kosten vieler Toter Menschen.